„Alles, was der Natur gemäß geschieht, geschieht richtig.“ (Epiktet, um 50 v. Chr., griechischer Philosoph)
Sich mit Naturheilkunde zu beschäftigen, ist sich mit der Natur selbst zu beschäftigen.
Es ist an der Zeit sich wieder bewusst zu werden, welchen Wert – und hier ist nicht der materielle Wert gemeint – die Natur für uns hat. Immer wieder in der Geschichte waren die Übergänge zwischen allgemein anerkannter Naturheilkunde und alternativen Methoden fließend, immer wieder werden einzelne Grenzen zur in den Universitäten gelehrten Medizin neu gezogen, um sie später wieder aufzuheben.
Es geht hier nicht um alternative Medizin, sprich Ersatz, sondern um komplementär, ganzheitliche Medizin.
Im Taoismus ist beschrieben, dass Krankheit dadurch entsteht, dass sich etwas nicht mehr im Gleichgewicht befindet. Die Yin- und Yang-Kräfte sind es, die in ihrer Vernetzung die Lebensenergie ausmachen.
Alle Erscheinungen wie Farben, Formen, Materialien, Himmelsrichtungen, Gemütszustände, Organe werden diesem Gegensatzpaar zugeordnet.
Das wichtigste Gesetz formten chinesische Denker mit der komplexen Yin- und Yang-Theorie. Der Kern dieser in Zeiten von Quantentheorie und Quarks, Materie und Antimaterie oft erstaunlich modern anmutenden Lehre, beruht auf der Einsicht, dass alle Dinge und Erscheinungen in sich auch ihr Gegenteil besitzen und mit diesem Gegenteil eine Einheit bilden.
Es begann mit offensichtlichen, eher groben Zuordnungen wie Himmel, Sonne, Tag und Feuer als Yang, das mit Hitze, Anregung, Männlichkeit, Aktivität, Bewegung und Zunahme assoziiert wird.
Yin dagegen steht für Erde, Mond, Nacht und Wasser und weist Qualitäten auf wie Dunkelheit, Kälte, Ruhe, Weiblichkeit, Passivität und Abnahme. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Rhythmik von Yin und Yang ist der Ablauf eines Tages: Mit Sonnenaufgang nimmt die Helligkeit und Intensität des Lichts immer mehr zu, bis zum Mittag der Höhepunkt erreicht ist. Am Nachmittag gehen wir dann langsam in das abnehmende Yang, um am Abend ins kleine Yin und in der Nacht im großen Yin zu sein.
Auch in den frühen griechischen und römischen Schriften ist immer von der Regelmäßigkeit die Rede.
„Der Weg kennt weder Dämonen noch Geister, er kommt aus sich selbst und er geht aus sich selbst, heißt, es im „Gelben Kaiser“, einer Art chinesischen Äquivalent zum europäischen Corpus Hippocraticum. Dieser 200 v. Chr. von unbekannten Autoren zusammengetragene Klassiker wandte sich schon damals von mystischen Vorstellungen ab und orientierte sich an „Naturgesetzen“. Im Mittelalter wurde dies auch in den Schriften der Heiligen Hildegard von Bingen beschrieben. Diese festen Regeln, die sich durch viele Jahrtausende bestätigt haben, bedingen das Seelische Gleichgewicht, feste Lebensregeln, also regelmäßiger Wechsel von Aktivität und Schlaf, regelmäßige und gesunde Ernährung. Im „Gelben Kaiser“ steht geschrieben: „In der Vergangenheit praktizierten die Menschen das Dao, den Weg des Lebens. Sie verstanden das Prinzip des Gleichgewichts, von Yin und Yang, wie es sich in den Wandlungen der Energien des Universums widerspiegelt. Sie entwickelten Praktiken, wie die des Daoyin, einer Kombination von Dehnungsübungen, Massage und Atemtechniken, um den Fluss der Energie zu unterstützen. Sie übten sich in Meditation, um in Einklang mit dem Universum zu kommen. Sie aßen ausgewogen und regelmäßig, sie vermieden jede geistige und körperliche Überanstrengung, sie standen zu bestimmten Zeiten auf und gingen zu bestimmten Zeiten zu Bett und waren in jeder Hinsicht maßvoll. Sie bewahrten sich ihr geistiges und körperliches Wohlbefinden, und deshalb ist es überhaupt nicht überraschend, dass sie länger als hundert Jahre lebten.“